27.01.2007

Die Burg drohte in die Schlucht zu rutschen (Artikel aus den Nürnberger Nachrichten)


In der Barockzeit in ein Schloss umgewandelt: Grünsberg bei Altdorf wird mit erheblichem Aufwand saniert. In unserer Serie über Burgen und Schlösser in Franken stellen wir heute Burg Grünsberg bei Altdorf im Nürnberger Land vor.

ALTDORF - In der Südostecke von Burg Grünsberg, wo einst der Bergfried in die Höhe ragte, lehnt sich das Billardhaus an die Wehrmauer. Es heißt so, weil dort vor Jahrhunderten die Professoren der Altdorfer Universität sonntags beim Billardspiel Zerstreuung suchten. Studenten aus dem nahe gelegenen Landstädtchen zog es ebenfalls hinaus ins Grüne: Die zur Burg gehörende Sophienquelle war gelegentlich Schauplatz von Duellen.
über das wilde Studentenleben der Nürnbergischen Universität gibt es allerlei Geschichten. Viele Patrizierfamilien aus der Reichsstadt hatten ihre Söhne an die Hohe Schule nach Altdorf geschickt. Einer von ihnen, ein Spross der Paumgartners, starb 1718 mit gerade einmal 20 Jahren bei einem Duell an der Sophienquelle.
Diese größte barocke Quellfassung nördlich der Alpen hatte dessen Vater Johann Paul zu Ehren seiner Frau Sophie errichten lassen. Dem letzten Paumgartner ist es auch zu verdanken, dass Grünsberg zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein völlig anderes Gesicht erhielt: Mit der Umgestaltung von der Burg zum Schloss und einer neuen Ausstattung prägte er das heutige Bild des schon in staufischer Zeit gegründeten Herrensitzes.
Damals entstanden die Prunkräume im Hauptgebäude oder auch der Barockgarten, der seit einigen Jahren ein privater Tierfriedhof ist. Nahezu vollständig erhalten sind die Wehranlagen der Burg mit dem fünf Meter hohen Mauerring, der einen romantischen Innenhof umschließt. Dem Burgtor vorgelagert ist der Wirtschaftshof, in dem sich einst Dorfschule und Burgkapelle befanden. Palas, Wehrgänge und Türme formen sich zu einem Ensemble, das dem Idealbild einer mittelalterlichen Burg gleicht. Seit 1754 gehört Grünsberg den Freiherren Stromer von Reichenbach.

Der letzte Burgherr, Prof. Wolfgang Stromer von Reichenbach, hatte vor knapp zehn Jahren die Gründung einer Stiftung in die Wege geleitet, in deren Besitz sich heute die Burg sowie deren wertvolle Kunstschätze und gut 80 Hektar Ländereien befinden.
Nur durch diesen Schritt war es möglich gewesen, das Denkmal von europäischem Rang samt Ausstattung und Umgriff komplett zu erhalten, sagt die Administratorin der Stiftung, Rotraut von Stromer-Baumbauer. Zudem stand die Generalsanierung an. Für den ersten Abschnitt waren bereits 1,4 Millionen Mark aufgewendet worden. Die zweite, noch bis Ende 2007 andauernde Baustufe verschlingt weitere 2,2 Millionen Euro.
Zwar flossen reichlich Fördergelder aus dem Entschädigungsfonds der Denkmalpflege, von Landesstiftung und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die insgesamt 125 000 Euro zu den Gesamtkosten beisteuerte. Den Rest aber, immerhin noch knapp 1,2 Millionen, muss die Stiftung selbst schultern.

"Tafelsilber" verkauft

Dies geschah beispielsweise durch den Verkauf von "Tafelsilber" in Gestalt von Baugrund in Grünsberg. Einige Häuslebauer in der Ortschaft tragen also indirekt zur Rettung der Burg bei.
Die war auch dringend angesagt. Von maroden Dächern über die Klimatisierung des Herrenhauses bis zur Modernisierung der Kanalisation reichte die Liste der Instandsetzungsarbeiten. Und dann die statische Sicherung: Die Wehranlage war im 12. Jahrhundert nicht etwa auf einem Felssporn aus Sandstein dort in der Seitenschlucht des Schwarzachtals erbaut worden, sondern auf einem riesigen Hügel aus verfestigtem Sand. "Die Burg wäre beinahe den Hang hinuntergerutscht", sagt die Freifrau und deutet auf Risse im Mauerwerk.

HORST M. AUER


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